Treulose Tomate

Hallo ihr Lieben!

Ja, ich lebe noch und es geht mir gut 😉 Man könnte mich durchaus als treulose Tomate bezeichnen, aber wie heißt es so schön:Wenn man sich nicht meldet geht es einem gut. Ich sitze heute in der Elternwohnung und widme mich allem Liegengebliebenen. Seit Weihnachten ist viel passiert:
Ich war also Weihnachten mit meiner Family zusammen in Ingolstadt- Kugeln, Baum, Menü-alles so wie immer; einfach schön. Die Zeit „draussen“ tut mir immer so wahnsinnig gut. Silvester war ich zwar in Ulm, aber ich durfte den Abend in die Whg. und habe mit Delia und Matthias gefeiert (Kurze Zwischeninfo: Essen: Raclette). Delia hatte es bis halb 11 ausgehalten, dann den Unterschied zwischen „ausruhen“ und „schlafen“ leider nicht verstanden ;-), sodass wir auf dem Balkon mit „Sterndlwerfern“ (für alle Nichtbayern: Wunderkerzen) standen mit Blick auf das Lichtblitzgewitter der gesamten Stadt, bis wir von der Rauchwolke wieder reingetrieben wurden. Soviel zum alten Jahr.

2011 wurde dann alles anders!! Es ging was voran. Ich bekam immer 3 Tage Chemo (Mo-Mi, bzw. Do.früh)und durfte dann die 4 Tage nach Hause. Der Termin der Transplantation war der 26.01., also standen die ganzen Voruntersuchungen zur Bestrahlung und der anschließenden Transplantation an. (Ich muss hier nochmal kurz erklären, dass weder meine Spenderin noch ich eine Operation haben werden. Sie spendet peripher, d.h. dass ihr die Stammzellen über die Vene entnommen werden. Ich bekomme sie ebenso als Infusion dann in die Vene.) Ich bekam also weiterhin Chemo und ebendiese Untersuchungen. Die ersten 4 freien Tage war ich bei  meiner Mom mit Delia.  Sie ist so groß und süß und verständnissvoll und checkt mit ihren 2 Jahren und 3 Monaten so wahnsinnig viel. Die letzten 4 Tage z.B., die ich jetzt in Ingolstadt verbrachte, hat sie mich echt umgehauen. Die Sonne schien am Sonntag und wir waren gegen 16:00 spazieren. Da war der Mond dann auch schon sichtbar und mein Mann meinte zu ihr:“ schau mal, der Mond“.  Sie sagte daraufhin:“ Geht net, net schlafe“. WOW!!! Sie macht auch öfters Dinge, die man einer 2-jährigen niemals zutrauen würde… dass bei uns der Untersetzer unters Glas muss weiß sie nicht nur, sie macht das selbst auch und wenn mein Mann das mal wieder „vergisst“ kritisiert sie ihn sofort und rennt ihm mit dem Untersetzer hinterher. Ich hoffe einfach, dass sie so richtig Kind sein und sich fallen lassen kann, wenn ich wieder gesund bin. Das ist für mich zwar echt riesig und toll, aber auch beängstigend; als wolle sie mich zu Hause vetreten.

Ich war also viel zu Hause, mit meiner Familie zusammen und hab mich erholt und auch wieder gelebt. Jetzt kommt leider aber auch eine schlechte Nachricht: Die Transplantation wurde erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.
Grund: Bei der letzten Knochenmarkspunktion waren unter dem Mikroskop mit bloßem Auge keine Lymphozyten mehr zu sehen- bin also eigentlich in Remission. Jetzt gibt es an der Charité eine Methode, den MRD (minimal released desease)-Faktor zu bestimmen. Wenn der bei unter 1 % liegt, wird transplantiert. Mein Ergebnis war genau dieser 1 %, sodass man lieber noch weiter Chemo gibt, um einen geringeren Faktor zu erreichen. Hmpfff. Da fängt man dann schon fast an mit den Ärzten zu feilschen- zumindest über die weiteren Chemogaben. Natürlich ist es das Beste, aber wer mich hier zwischendurch schon besucht hat, weiß, dass ich nicht daran zweifle gesund zu werden. Das ist Fakt. Es ist für mich einfach nur der Zeitfaktor, mit dem ich nicht klarkomme. Man plant doch schon auch gerne die Zeit danach, hat sich etwas vorgenommen…Klar hab ich da für mich ne Kulanzzeit von einem Monat eingebaut ;-),  aber unbestimmt…
Die Tatsache, dass ich das eben auch schon 3 Mal nun habe und auch dementsprechend genau 3 Jahre „verloren“ habe ist für mich als hyperaktive, engagierte Frau mit festen Zielen einfach unglaublich viel. Ich bin in Geduld jetzt geübt, aber irgendwann ist mal Schluss. Mittlerweile hab ich mich wieder gefangen. Jetzt gibt es das Problem, dass entweder auf  Spender (was ich ehrlich gesagt nicht glaube) oder der Spenderdatei-Basis die Stammzellen nicht eingefroren werden (die sind 5 Jahre haltbar und haben sowohl frisch als auch gefroren dieselbe Qualität), sodass der 26.01. bei der Spenderin auch nicht stattfindet. Werden sie nicht eingefroren, müssen sie innerhalb von 24h transplantiert werden. Jetzt müssen für einen weiteren Termin mein MRD- Faktor, keinen Infekt zu haben (und sei er noch so klein) haben und der Terminplan der Spenderin übereinstimmen.  Na Prost. Jetzt kann ich- trotz dass es mir gut geht- nicht groß rumrennen, aus Angst ich krieg nen Infekt. Unbestimmt also und ich versteh nicht,  warum man es nicht einfach einfrieren kann. Ich habe jetzt sogar meinem Mann gesagt, er soll mich nicht besuchen kommen (Do.-So.normalerweise!!!), weil er nen Infekt hat, der zwar am Abklingen ist, aber da ist das Risiko echt zu hoch. Ich hab selber so einen komischen Husten seit Wochen, der nicht abebbt und man aber auch nicht genau sagen kann, was es ist. Meine Schwester (die Immergesunde), ist heut da.

Oh, ich muss euch eigentlich noch unbedingt die Story vom Pferd erzählen, weil ich gerade jeden Tag auf eine KMP warte. Also es gibt zusätzlich zur venösen Chemo auch die, die ins Liquor (Nervenwasser) gespritzt wird. Das wird unter ner leichten Narkose gemacht und du weißt nachher von nichts, bist aber unterbewusst anscheinend schon da und redest auch oder brabbelst Blödes Zeug. Was macht aber Colette? Sie macht sich im Halbdämmerzustand Sorgen, dass die Narkose mit demGewicht nicht passt, beschwert sich sofort, wenn was zu schnell einläuft, will genau wissen was das jetzt ist, wie viel mg. usw. Einer der Oberärzte (genialer Typ), meinte ich solle mal die Klappe halten und an was Schönes denken und einfach pennen. Kurz vorm wegknacken (eigentlich kann man da kaum mehr noch denken, aber die blöden Scherze gehen mir nie aus) hab ich dann noch gesagt: gut, dann will ich ein Pony zu Weihnachten!(Gell Kalle, das kennst du auch: Nikolausi *g* Schwester Anja hats erzählt) Kurz vor Weihnachten kam er dann bei der Visite mit nem in Geschenkpapier gepackten Päckchen an: Ich hab echt ein lilafarbenes Polly Pocket Pony bekommen! Ihr seht also- ich bin auf jeden Fall in guten Händen. Letztens meinte ich dann noch zu ihm: “ also wenn ich mal noch ein 2. Pony krieg, hab ich aber schon ein Problem- so ganz ohne Zaun…

Alles Liebe ,

eure Colette

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Eine Antwort zu Treulose Tomate

  1. Pietsch Ulrike sagt:

    hallo colette, wir kennen uns nicht persönlich, aber deine Familie schon,ich bin die Ulli vom Roten Kreuz. Mit all meiner Liebe und all meiner Kraft die ich überhaupt einem Menschen geben kann, den ich nie kennenlernen durfte, der so viel <<<<<<<platz in meinem Herzen gewonnen hat, drück ich Dich ganz fest! Ich glaub ganz fest, dass alles gut werden kann, Du hast so eine wundervolle Familie, also musst Du auch so ein wundervoller Mernsch sein. Auch Deine Tochter so klein sie ist, ist so stark, hättest Du mal sehen sollen , wie sie sich bei der Aktion Auf der Schanz ins Zeug gelegt hat! Als wenn sie sagen wollte: ist für Mama, da geb ich alles, nicht ein bisserl müde oder anstrengend, das war grandios, all Deine Freunde waren so dabei, wie ich es noch nie erlebt habe. Denke jeden Tag an Dich, nicht aufgeben, ich weiß es ist schwer, aber wenn der Zeitpunkt kommen sollte, daß es wirklich nicht mehr geht, bist Du nicht allein.So viele Menachen haben Dich lieb gewonnen. Ich kenne die andere, dunkle einsame Seite,1000 Freunde und dann niemand da. Das kann Dir nicht passieren, klar klingt doof , isses aber nicht. Ich will Dir auch nur sagen, dass Du das alles nicht umsonst erleidest, Du hast soviel durch Deine offene Art mit der Krankheit umzugehen erreicht. Für Dich und für andere. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass ich die Ehre irgendwann haben darf, Dich, eine so große Seele mit so viel Kraft, um die ich Dich so beneide, kennenlernen zu dürfen. Meine Telefonnummern hat Deine Famie- ich nehm Dich grad ganz fest in den Arm- Ulli BRK Ingolstadt

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